Weihnachten auf Übersee

„Ein Holzkranz mit ein paar Tannenzweigen. Dazu eine Christkugel und eine kleine brennende Kerze auf dem Salontisch. Weiße Flocken tanzen daneben in einer Weihnachtsmann-Schneekugel und ein Räuchermännchen verbreitet Weihnachtsduft. Die passende Stimmung für den Teller mit Stollen und Lebkuchen, der vor uns steht. Nur auf Glühwein hat keiner Lust bei 24 Grad Außentemperatur. Aber ein bisschen Weihnachtsstimmung holen wir damit trotzdem auf unser Boot im Hafen von Santa Cruz, Teneriffa. Es ist der 24. Dezember 2022, Weihnachten! Zu Hause in Deutschland liegt an diesem Tag selten Schnee. Aber Palmen und kurze Hosen sind auch nicht das richtige, um an Weihnachten zu denken. Viel mehr berührt uns die Abwesenheit der Familie. Weihnachten ist ja auch nur besonders, weil man seine Familie um sich hat, während man zu viel Festtagsbraten in sich hineinstopft, nur um ein Paar Stunden später einen weiteren Stollen nachzuschieben und Geschenke auszupacken. Wenn man das erste Mal weit weg ist, weil man sich auf Langfahrt begeben hat und die Heimat schon ein paar Monate nicht gesehen hat, kann da schnell Heimweh aufkommen; zumindest aber selten richtige Weihnachtsstimmung. Noch viel ungewohnter ist es aber wahrscheinlich für die Daheimgebliebenen. Die betreiben all diese Völlerei und Schenkerei unterm Weihnachtsbaum jetzt trotzdem, leben weiter in ihrem Alltag und genießen ein paar freie Tage. Nur das eben Familienteile fehlen: Wir, die entschieden haben, einfach mit einem Boot um die Welt zu fahren und nicht einmal an Weihnachten nach Hause zu kommen.

Zum Glück hilft die moderne Technik, trotzdem daran teilzuhaben. Videokonferenz ins Wohnzimmer, wenn zu Hause gerade alle versammelt vorm Weihnachtsbaum sitzen, während man von hier im Cockpit mit einem Glas Wein zuprostet, bleiben in Erinnerung. Der Sonnenhut wurde noch schnell gegen eine Weihnachtsmannmütze ausgetauscht, die Nichten hört man im Hintergrund streiten und schon sitzt man fast mit im Zimmer und vergisst einen Moment die Palmen und die Boote um sich herum. – Doch einen Glühwein heißmachen? Nein. Sangria passt noch immer besser.

Auch das gehört zu einem Langfahrtsegler-Leben dazu. Weihnachten in anderen Kulturen zu verbringen, ist total spannend. Auch hier in Santa Cruz de Tenerife gibt es so etwas wie einen Weihnachtsmarkt. Gastronavidad heißt der, mit Fress- und Trinkbuden. Die bieten Mojito und als kulinarisches Highlight Choripan: Ein Baguettebrot, belegt mit gebratener Chorizo und Paprikagedöns. Sehr lecker! Einen kleinen Markt mit Handwerkskunst gibt es auch, alles ist sehr klein und entspannt gehalten. Der Fokus liegt hier auf Unterhaltung, denn Mittelpunkt ist eine Bühne, auf der es den kompletten Dezember jeden Tag Programm gibt, von diversen Jugendtanzgruppen über Disney-Kinderprogramm bis hin zu guten Rock-Pop-Bands. Wir werden also sehr gut unterhalten, auch im Hafen, denn die Musik ist überall zu hören.

Weihnachtlich geschmückte Palmen auf Lanzarote 2022

So war Weihnachten bei uns im letzten Jahr. Dieses Jahr sind wir einen Ozean weiter und werden die Weihnachtszeit auf einer karibischen Insel verbringen. Mit noch mehr Palmen und Strand, noch wärmer, noch weiter weg von zu Hause und noch fünf Stunden Zeitverschiebung. Auch das wird gut, denn auch in der Karibik wird Weihnachten gefeiert, wenn auch anders. Und ist es nicht dass, was man als Segler auf Langfahrt erleben möchte: fremde Kulturen und Sitten kennenlernen und Ausprobieren. Mit kindlichem Staunen Neues erleben und gleichzeitig trotzdem an die Lieben zu Hause denken, die ein weiteres Weihnachten so wie immer verbringen. Irgendwann wird man wieder Teil davon sein, und dann ist es bestimmt umso schöner. Ich habe jetzt schon Vorfreude und genieße sie. Als Kind war die Zeit bis zum Weihnachtsfest auch immer eine Ewigkeit lang. Warum nicht auch als Erwachsener dieses Gefühl einfach wieder hervorkramen? – Ich wünsche allen auf Übersee, denen, die gerade zu Hause sind und davon träumen loszusegeln oder an die die Zeit fernab zurückdenken, ein wunderschönes Weihnachtsfest.“

Dieser Artikel von mir ist gerade im Magazin des Transocean, ein deutscher Verein zur Förderung von Hochseesegeln, in dem wir Mitglied sind, erschienen. Aus gegebenen Anlass (Weihnachten), wollte ich diesen kleinen Rückblick auf das letzte Weihnachten und Ausblick auf das diesjährige, auch mit euch teilen.

Weihnachten auf St. Vincent: Mittagsschlaf im Schatten auf Deck.

Nun ist der 24.12.2023. Heilig Abend. Das zweite Weihnachtsfest in „Übersee“. Wir sind in einer kleinen Bucht auf St. Vincent, hängen mit dem Heck an einer Palme, sind von grünen Berghängen umgeben, neben uns fließt ein Fluss aus dem Tal ins Meer und der schwarze Strand ist Palmengesäumt. Es sind 30Grad. Es ist mal so gar keine Weihnachtsstimmung. Obwohl besagte Dekoration vom letzten Jahr heute auch wieder raus gekramt wurde.

Heute Morgen sind wir 4 Uhr aufgestanden, um einer Vincianischen Weihnachtstradition beizuwohnen. „Nine Mornings“ heißt Party, Action und bunte Beleuchtung in allen Orten auf St. Vincent. Vom 16.-24.Dezember, jeden Morgen vor Sonnenaufgang. Ja, richtig: VORHER. Also 4/5 Uhr. Danach ist es ja zu warm, oder man muss in die Kirche oder so. Naja, wir latschen also heute morgen ins Dorf. Und finden: eine Beleuchtung. Okay. Gut.

Die Bühne ist leer, die Lautsprecher sind still. Wir sind fast die einzigen Menschen auf der Straße. Schöne Bescherung. Naja, Schön so ein Ausflug am frühen Morgen um sich ein paar blinkende Lichter anzugucken. Aber immerhin haben wir ganz viel Zeit ein paar arbeiten zu erledigen, bevor die Sonne zu sehr knallt. Unser Weihnachtsgeschenk an uns selbst, sind also dichte Fenster und ein laaanger Tag.

Ein stolzer Schinkengewinner

Unsere Weihnachtsbraten hatten wir schon vor ein paar Tagen. aus Ermangelung eines Tiefkühlfaches haben wir unsere 2 Schinken, die Heiko bei unserem örtlichen Mobilfunkanbieter gewonnen hat, direkt nach Gewinn-Abholung vertilgen müssen. Über mehrere Tage, mit Verteilung an Nachbar-Boote, haben wir an den insgesamt 8kg Schinken gegessen. Hier ist das wohl ein sehr traditionelles Weihnachtsessen. Und da sonst kein Fleisch in der Kombüse verwendet wird, war das tatsächlich mal ein außergewöhnliches Festessen.

Passt grad so in den Topf

Frohe Weihnachten an alle. Diesmal bin ich dran mit ein bisschen Neidisch sein – auf Stollen, Lebkuchen und den Weihnachtsbraten bei Mutti und Vati. Nicht auf die Geschenke. Die braucht keiner. Hört auf mit dem Konsum! Amen.

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Hier könnt ihr unserem Boot folgen und unsere Route mit allen Beiträgen unter „show journey“ sehen:



Ein Kommentar bei „Weihnachten auf Übersee“

  1. Frohe Weihnachten mein Schatz wünsche ich euch. Das sieht toll aus wie ihr euer Fest feiert….. Knutsch

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