Der Aufbruch von Cabrera beginnt ausgeschlafen und gut gelaunt Richtung westliche Balearen. Aus dem Lautsprecher ertönen die Vengaboys „Yeah, we’re going to Ibiza“. Den Ohrwurm bin ich bis heute nicht los. Doch auf Ibiza sind wir nie angekommen. Wir fahren seltene, volle Besegelung. Das sind bei unserer Ketch (so heißt ein Boot mit 2 Masten) 3 Segel: Genua, Großsegel, Besan – von vorn nach hinten und in abnehmender Größe.
Der Wind steht gut und so sind wir guter Dinge am nächsten Vormittag im Hafen von Ibiza Stadt halt zu machen um unseren Tank aufzufüllen und uns Ersatzsicherungen zu besorgen um den Kühlschrank wieder in Betrieb nehmen zu können. So ein Halt an Land nutzt man dann natürlich auch um ein paar frische Lebensmittel zu kaufen. Mit dem, was wir an Bord haben würden wir zwar noch 2 Monate überleben und das hält sich auch alles 2 Jahre, aber so lange so viel Land in der Nähe ist, bevorzuge ich ja doch frisches Obst und Gemüse. Und das neigt sich dem Ende. Es haben doch tatsächlich ein paar Tomaten und Auberginen seit unserem Aufbruch in Griechenland – fast 4 Wochen in dieser warmen, feuchten Luft überlebt. Respekt. Das gute Zeug vom kleinen Bauernstand aufm griechischen Dorf. Für diese Dinge suchen wir uns also einen Hafen aus, mit guter Infrastruktur in dem wir nur für ein paar Stunden bleiben wollen. Ibiza ist also die Wahl, weil Palma ein Umweg wäre. Leider möchte uns Ibiza nicht. Als wir am nächsten Morgen in Sichtweite des Hafens sind, rufen wir die Marinas an um unseren Tankstopp anzukündigen und zu fragen ob/wo man sich für ein paar wenige Stunden aufhalten kann. Alle 4 Marinas sind da relativ schnell relativ klar: nein. Kein Platz, geht nicht, die Tankstelle macht außerdem Siesta und Tagesgäste wollen wir nicht. Nun ja, da wir uns die dreistelligen Hafengebühren der Ibiza High-Society nicht leisten wollen überlegen wir kurz ob der Sprit reicht, wir noch ne weile ohne Kühlschrank und Eimer leben können (Ja.) und drehen dann kurzerhand kurz vorm Hafen ab.
Dann wird jetzt Kurs genommen auf die Meerenge zwischen Ibiza und Formentera und zum spanischen Festland gefahren. Dort gibt es mehr Auswahl an Häfen und Infrastrukt und wahrscheinlich auch etwas untouristischere Ziele, wo man uns gern aufnimmt.
Die paar Seemeilen bis Formentera sind eine Herausforderung, machen seglerisch sehr viel Spaß, aber eigentlich keinen Sinn.
Wir kreuzen gegen den Wind an. Die Ibiza-Formentera Fähren rasen mit 25Knoten an uns vorbei, einige Segler sind unterwegs, noch ein paar Motoryachten dazu und 6 Leuchttürme/Bojen die den richtigen Durchgang durch die sehr flache Meerenge der beiden Inseln markieren. Aber da muss man erstmal hinkommen. Wir versuchen alles aus dem Boot rauszuholen was geht. Hoch an den Wind kommt Celerity nur auf der Schokoladen-Backbordseite. Die Segel werden millimetergenau getrimmt um das Maximum an Geschwindigkeit und geradeausfahren gegen den Wind, herauszuholen. Das AIS piept ununterbrochen wegen Kollisionskursen und der Tag vergeht, ohne das wir sonderlich vorankommen. Am Ende sind wir im dunkeln auf der Westseite der Inseln angekommen, die paar Seemeilen haben uns einen halben Tag gekostet. Aber Motor-frei. Ein Kontrastprogramm der nächste Tag: es passiert nichts. Alles ist ein bisschen grau verhangen, es ist absolute Stille den ganzen Tag, ein bisschen wie ein verregneter Sonntag Nachmittag aufm Sofa. Ich bin faul, lese den ganzen Tag und abends gibt es erstmals ne Dosen-Mahlzeit. Toll.
Größte Aufregung dieser Überfahrt ist ein kleiner Vogel, so Sperlingsgröße. Der kommt angeflogen, als wir am weitesten Punkt von irgendeinem Land entfernt sind, hüpft die ganze Zeit aufm Boot rum, sitzt zwischendurch auch mal drinnen und macht keinerlei Anstalten zu wegfliegen zu wollen. und so denke ich mir, vielleicht ist er doch nicht ganz freiwillig hier und hat sich verirrt und nicht genug Kraft um an Land zu fliegen. Ich stell ihm irgendwann ein paar Körner und Wasser hin. Findet er gut. Und richtet sich dann wohnlich ich unserem Cockpit ein. Alles wird vollgekackt! So wird einem Gastfreundschaft gedankt. Er bleibt die ganze Nacht, pennt, frisst und kackt noch mehr. Und als wir uns der Hafeneinfahrt nähern, fliegt er grußlos zur Kaimauer auf dem spanischen Festland. Ich bin der Überzeugung, dass wir ein kleines Vögelchen gerettet und von den Balearen nach Spanien gebracht haben. Heiko bleibt der Meinung, dass das Masche ist und der sich jeden Tag durchfressen und durch die Gegend fahren lässt.
Außerdem freue ich mich über die erste Begegnung mit einem TUI Smiley. Die „mein Schiff Herz“ kreuzt unseren Weg. Leider nachts, so dass es kein „Celerity/TUI Cruises-Selfie“ gibt
So ganz nebenbei knacken wir außerdem unsere 1000 Seemeilen. Wahnsinn wie schnell das ging. Und überfahren den Nullmeridian. Heißt, wir sind jetzt im Westen und die Längengrade nehmen ab sofort zu.
Spanien ist toll. Ich hatte ja schon immer ein Faible für dieses Land und freue mich mal wieder das Spanisch zu entstauben, tinto de verano zu trinken und die lauten Spanier zu erleben. Dafür ist Torrevieja genau das richtige. Spanisch genug um authentisch zu sein und touristisch genug um nautische Infrastruktur zu beherbergen.
Wir bleiben eine Nacht länger als geplant, besorgen und erledigen alles was wir wollten und starten zufrieden und vollgetankt (sowohl bildlich als auch wortwörtlich) die spanische Küste entlang gen Süden. Gibraltar ist greifbar nah. Dort beginnt dann der Atlantik und wir haben tatsächlich das Mittelmeer hinter uns gelassen. Aber mal sehen, was diese Tage noch so spannendes mit sich bringen.
Der Atlantik beginnt erst ab Tarifa
*klugscheiß*
Ab Gibraltar gibt’s zumindest Atlantik-Wasser.
Der Klugscheißer hat natürlich Recht. Der Übertritt in den Atlantik kommt erst nach dem nächsten Etappenziel Gibraltar
Endlich habe ich Eure Berichte gelesen….Wahnsinn! Richtig spannend! Ich drücke Euch die Daumen! VIVA NICI & HEIKO Fühlt Euch gedrückt ….
Danke pasco! Viele Grüße nach Hannover
Immer wieder schön, von euch zu lesen! Genießt die spanische Küste und dann die Meerenge zwischen Europa und Afrika, bevor das große Meer euch beheimaten wird. Saludos cordiales! Robin
Danke Robin! Viele Grüße zum Maschsee
Kleiner, spanischer Kackvogel.. Haha.. 🙂