„Oh, Papageien“ rufe ich beigeistert und wild mit den Händen in der Luft fuchtelnd. „Oh, Papageien“ ertönt die monotone Stimme neben mir wenige Augenblicke später… und ein weiteres monoton-ironisches „oh Papageien“ ein paar Minuten später wieder. Immer wieder. Denn wo wir auf anderen karibischen Inseln noch auf Berge und durch den Urwald gekraxelt sind, um Papageien zu finden, fliegen die hier einfach über die Hauptstraße. Sitzen in jedem zweiten Baum und auf Dächern neben den Tauben.
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Unglaublich. Was anfangs noch ungewöhnlich, faszinierend und aufregend war zu entdecken, wird zu einem Running Gag auf dem Weg zur Wäscherei, zum Einkaufen, zum Bus… überall hört man das auffällige Kreischen der hübschen bunten St. Thomas Sittiche. Toll.
Auch Flamingos haben wir über unsere Ankerbucht fliegen sehen, nachdem wir sie in der Salzlagune aufwändig gesucht hatten. Auch ein Cara Cara, ein mexikanischer Adler begegnet uns bei der Erkundung dieser Insel immer wieder.
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Leguane laufen uns genauso häufig über den Weg, wie sie auf der Speisekarte zu finden sind. Die Tierwelt auf Curaçao ist also durchaus beeindruckend. Die Pflanzenwelt eher ernüchternd. Gut, dass die Temperaturen deutlicher angenehmer als auf den kleinen Antillen sind, denn Schatten sucht man vergeblich. Statt Bäumen gibt es eher stacheliges Gestrüpp und jede Menge Kakteen. Einfach alles auf dieser Insel pieckst. Es ist steinig. Und trocken. Trotz dass es zu dieser Zeit häufiger mal regnet, nimmt der harte Boden nichts auf. Was zu einer beeindruckend wüstenähblichen Landschaft führt. Etwas skurril im Zusammenhang mit den vielen Papageien.
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Aber noch skuriller sind die Strände. Statt langer Sandstrände, wie seine Nachbarinseln Aruba und Bonaire, hat Curacao viele kleine Buchten. Mit wahnsinnig türkisem Wasser. Wirklich hübsch. Würde man nicht versuchen, in diesen idyllischen Buchten alle Touristen auf Liegen zu platzieren. Denn jeder Strand ist bis zur Wasserlinie zugepflastert mit Liegen, so dass vom Strand an sich kaum was zu sehen ist. Den skurillsten Strand aber, haben wir gleich neben unserer Ankerbucht: glasklares Wasser, welches von grün über türkis bis hin zu tiefem blau leuchtet. Von Felsen umrahmt. Schnorchler und Taucher tummeln sich im Wasser um die bunte Unterwasserwelt zu bestaunen. Und direkt daneben: zwei riesige Ölplattformen! „Thats Curaçao“ sagt der Typ von der Strandbar als wir lachend dieses skurrile Bild versuchen zu erfassen. Die Ölplattformen sind hier für Reparaturarbeiten festgemacht, die Arbeiter schweißen und hämmern, die Motoren dröhnen und die Urlauber sonnen sich 5 Meter daneben auf den Liegen. Was für ein Bild.
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An der Nordostspitze der Insel entdecken wir aber auch unberührte Natur. Im Shete Boka Nationalpark krachen die Wellen in ausgehöhlte Felswände und lassen die Gischt durch Löcher geräuschvoll nach oben schießen. Beeindruckend, der „Boka Pistol“.
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Nachdem wir eine zeitlang entlang der Küste, vorbei an vielen Kakteen wandern, finden wir dann auch noch eine kleine idyllische Bucht mit einem schattigen Pausenplatz. Perfekt. Auf dem Rückweg zur Straße, wo in zwei Stunden der nächste Bus fährt, durchqueren wir dann auch noch den Christoffel Nationalpark. Wieder viele knorrige Sträucher, stachelige Büsche und riesige Kakteen. Auf unserer Wanderung haben wir also gleich beide Nationalpark-Highlights von Curaçao kennengelernt.
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Mit dem Bus geht es in 1,5h wieder zurück nach Willemstadt. In der Hauptstadt der niederländischen Antilleninsel schlendern wir durch süße Gassen und bestaunen die bunten, holländischen Häuser.
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Und dann warten wir, zusammen mit den Kreuzfahrttouristen darauf, dass ein Schiff in den Hafen will und die gesamte Brücke sich samt der Menschen darauf beseite schwenkt. Verrückt, dass man tatsächlich noch während der Bewegung schnell auf der anderen Seite auf den Steg springen darf. Nur wenn die Brücke längere Zeit offen bleibt, wird sie gesperrt und man fährt stattdessen mit der Fähren zum anderen Ufer.
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Eine moderne, hohe Autobahnbrücke bildet auch hier wieder einen starken Kontrast zu den bunt bestückten Marktständen, an denen die Venezuelaner Obst und Gemüse von kleinen Holzbooten verkaufen. Die Nähe zu Venezuela ist überall spürbar. Auch wenn die Amtssprache Niederländisch ist und die Landessprache Papiamento – ein schön klingender Mix aus spanischen, afrikanischen und englischen Dialekten – kommunizieren wir in der Realität ganz oft in Spanisch. Denn das nächste Festland, ist das nur 60km entfernte Venezuela und für die ist das hier ein Stück Europa.
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So kommt es auch zu einer skurillen Begegnung: Die zwei Deutschen sitzen in der Karibik in einem chinesichen Restaurant, versuchen die niederländische Karte zu verstehen, bestellen auf Englisch… aber die Kellnerin, nun. Die spricht nur Spanisch. Das war echte Situationskomik, ich lese „Chow Mein“ mit holländischer Beschreibung im Menu und bestelle mein Essen auf Spanisch.
Abgesehen von dieser asiatischen Abwechslung, unterliegt die einheimische Küche hier auch den Einflüssen aus Südamerika. Es gibt viel Empanadas und Burritos. Das macht es uns leicht, uns schon langsam auf Kolumbien einzugrooven.
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Denn dahin geht es jetzt endlich. Nachdem wir einige Wochen auf das richtige Wetter gewartet haben, ist unser Windfenster nächste Woche in Sicht. Wir werden also am Wochenende den Anker lichten um zum südamerikanischen Festland zu segeln. Cartagena heißt unser Zielhafen. Ich freue mich schon sehr auf Kolumbien, ein Land, was schon lange auf meiner Reiseliste stand. Auf südamerikanisches Lebensgefühl, Großstadt-Flair und auf Spanisch sprechen. Die Woche auf See werde ich schonmal das Spanisch-Lernbuch auspacken um Vokabeln aufzufrischen und die Zunge zu entrosten.
Bis zum nächsten mal aus Cartagena.
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