Karibikurlaub

Ich gleite geräuschlos über die spiegelglatte See. Unter mir sehe ich glasklar den Meeresboden, obwohl er zwanzig Meter tief unter mir liegt. Eine Bergkette mit Tälern aus Sand, Steinen aus Koralle und Bäumen die in der Strömung schwingen. Ein Fischschwarm zieht unter meinem Brett entlang und ich erschrecke mich ein bisschen als ein größerer Fisch auftaucht. Meine plötzliche Paddelbewegung bringt das klare Bild unter mir ins Schwanken. Ich wende meinen Blick wieder geradeaus. Vor mir erstreckt sich meilenweit nur glattes Meer.

Im Westen kommt erstmal lange nichts hinter den Inseln

Es ist ein irres Gefühl, mit einem Stand up Paddel Board auf das offene Meer zuzuhalten. Da hinten kommt viele, viele Kilometer nichts mehr, bis nach Mittelamerika. Im Norden kann ich am Horizont die Silhouette einiger weiterer Grenadinen-Inseln erkennen. Hinter mir liegt ein kleiner Streifen Sand mit Palmen. Am Strand brechen sich kaum irgendwelche Wellen. Nur ganz selten sorgt ein kleiner Windhauch dafür, dass sich die Wasseroberfläche ein bisschen kräuselt. Sonst ist es absolut windstill. Was segeln unmöglich macht, ist für einen SUP Ausflug perfekt. Mit dem Board über die Unterwasserwelt zu gleiten, über Korallenbänke, Riffe, türkisfarbene Sandflächen, oder aber über solche Meerestiefen, ist ein unglaublich faszinierendes Gefühl. Winzig klein ist man in dieser Welt. Ungeschützt. Weit genug weg vom Land gibt es keine Geräusche mehr, außer das Plätschern vom Wasser gegen das Board.

Blick auf den Sandstreifen “Sandy Island”

Still und mit gemächlichen Paddelschlägen fahre ich weiter hinaus und auf die nächste Insel zu, immer bereit sofort umzudrehen, wenn ich eine Wolke, die Wind bringen könnte, entdecke. Und immer am abwägen, ob ich bei aufkommendem Wind noch aus eigener Kraft ans nächste Land paddeln kann. Ein bisschen Thrill ist immer dabei auf ein Meer ohne etwas am Horizont zuzuhalten. Aber selten sind die Bedingungen so perfekt. Und inzwischen habe ich schon sehr viel Übung gegen Wind und Welle an zu paddeln, weil ich mich bei der einen oder anderen Inselumrundung überschätzt habe. Immer wenn der Wind nachlässt und das Wasser so glasklar ist, pumpe ich mein Board auf und erkunde die Gegend. Wobei ich inzwischen gar nicht mehr so viel Fokus auf schöne, felsige Steilwände habe, die man nicht anders erreicht, sondern vielmehr auf das, was man unter dem Brett alles sehen kann. Wenn ich es näher erkunden will, spring ich kurz rein, oder lasse mich einfach, Kopf mit Schnorchel unter Wasser, bäuchlings auf dem Brett liegend über die Unterwasserlandschaft treiben.

Hinterm Riff wird’s türkis – Canouan Ostseite

Die Orte, an denen wir seit Wochen ankern, sind perfekt dafür. Die Strände sind weiß, palmengesäumt und in schroffe Felsen eingebettet. Grüne Hügel erstrecken sich hinter den Buchten, verziert mit kleinen bunten Häusern. Ausserhalb der Buchten ziehen Segelboote am Horizont vorbei. Die Sonne brennt unermüdlich vom knallblauen Himmel. Und dann diese Farben im Wasser. Türkis, hellblau, grün, tiefblau, immer wieder andere Schattierungen. Es ist genau das, was sich jeder von so einem Karibikurlaub erträumt. Und ich mittendrin. Jeden Tag. Sieht man das alles noch, wenn es alltäglich ist? Nein. Also, nicht immer und ständig. Als wir unseren ersten Besuch auf Grenada hatten, war es faszinierend zu erkennen, wie besonders das alles ist, was wir jeden Tag erleben und sehen. Aber, auch wenn der Anblick dieser hübschen Inseln normal geworden ist, gibt es immer wieder Momente, in denen ich einfach nur glücklich bin, hier und jetzt so leben zu können und gerade einfach „Karibikurlaub“ zu haben.

Grüne Hühel, Türkises Wasser. Nicht sattzusehen

Ich genieße es jeden Morgen, direkt nach dem Aufstehen eine Runde schwimmen zu gehen, manchmal direkt mit Schnorchelbrille, um ein paar bunte Fische zu sehen. Und abends barfuß am Saum des Wassers den Strand entlang zum Dingi zu laufen, erfüllt mich immer wieder mit Freude. Und bei einer Runde SUP fahren im türkisblauen Wasser ist das Lächeln nicht aus dem Gesicht zu kriegen. Über jede Schildkröte, die neben dem Boot oder dem SUP auftaucht, freue ich mich wie ein Kind, auch wenn es die hundertste ist. Der Schildkröte unter Wasser beim Gras fressen zuzuschauen, hätte ich stundenlang tun können (hab ich auch).

Schildkröten überall – im Wasser und an Land

Das Staunen über all diese wunderbaren Dinge auf diesem Fleckchen Erde hört nicht auf. Und es sind Momente wie dieser anfangs beschriebene, die unvergessene Erinnerungen herstellen.

Nicht die bunten Bars und schrägen Palmen an einem weißen Strand bleiben in Erinnerung, sondern das triumphierende Gefühl, dort eine Kokosnuss vom Baum geholt und mit dem Taschenmesser trinkreif geschlachtet zu haben (okay, Heiko war’s).

Kokosnusspflücker 2000
Hier wird schwer gearbeitet an einer Erfrischung
Kokosnuss geschlachtet

Nicht das Ankern zwischen den fünf postkartenreifen, unbewohnten, winzigen Koralleninseln der Tobago Cays bleibt im Gedächtnis, sondern die dutzenden Lobster mit riesigen Scheren, die in Käfigen eingepfercht unter Wasser darauf warten abends an die zahlreichen Touristen im Strandrestaurant verfüttert zu werden.

Da wurde Jack Sparrow ausgesetzt eine der Tobago Cays: Petit Tabac

Nicht das hübsche Luxushotel am Strand, dessen kostenlose Ankerboje wir nutzen, ist der Höhepunkt auf Mayreau, sondern die Party in der Grundschule, zu der fast alle 170 Inselbewohner gekommen sind, mit dem günstigsten Rumpunsch unserer Reise (1,50€).

Nordstrand auf Mayreau – im Hintergrund die Tobago Cays

Nicht der Anblick der grünen Berge auf Canouan, die unerreichbar sind, weil eine Hotelanlage die halbe Insel einnimmt, sondern der Strand, den wir auf dem Weg dorthin ganz für uns allein haben, sind die bleibenden Highlights. Und die Menschen auf Canouan, alle offen, echt, freundlich. Ein bleibenden Erlebnis auf dieser kleinen Insel wird außerdem unser Ziegenfund sein. Wir entdecken am Wegesrand, dass eine Ziege gerade zwei Junge bekommen hat. Sie können noch nicht richtig stehen, der Besitzer kommt vorbei, packt die beiden in einen Karton und drückt ihn mir in die Hand. Ganz ängstlich, dass die beiden neugierigen, winzigen Ziegen herausfallen könnten, trage ich sie, die Mutterziege meckernd nebenher laufend, zum Haus zwei Blöcke weiter, wo sie vor herumlaufenden Hunden gesichert die Nacht verbringen können. Tolle Begegnung, auch wenn sie nichts mit der Karibik an sich zu tun hat.

Ziegen, Berge & Meer

Es sind also mehr die Momente, Begegnungen und Erlebnisse die einen Ort besonders machen. Nicht das reine optisch hübsche Aussehen. Trotzdem liebe ich es immer wieder, über Steine einen Berg hoch zu kraxeln und den Ausblick auf die grünen Inseln mit ihrem türkisen Wasser und weißen Stränden zu genießen.

Berg bestiegen auf Bequia – Posen vor dem Boot (irgendwo in dem blau)

Einfach schön die Kombination aus Berg, schroffen Felsen, sanften Buchten und weitem Meer. Und weil man Begegnungen und Erlebnisse nicht in Bildern festhalten kann, gibt es heute einfach nur viele schöne Bilder von den vielen kleinen Grenadineninseln, die wir in den letzten sechs Wochen hoch gesegelt sind. Von Carriacou, Sandy Island und Union Island nach Mayreau, Tobago Cays, bis Canouan weiter nach Bequia. Als Nächstes geht es auf die erste „große“ Insel St. Vincent und danach St. Lucia, bevor uns auf Martinique nochmal ein Stückchen französisches Flair und europäische Supermärkte erwarten. Wir freuen uns auf jede einzelne Insel, weil sie alle etwas anderes, Neues und Tolles für uns bereithalten.

Canouan
Bequia
Ein Satellitenblick mit der Fahrt von Mayreau zu den Tabago Cays
Einsame, wilde Strände
Auf einer Bank, im Schatten, am Strand hält es sich am besten aus
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Hier könnt ihr unserem Boot folgen und unsere Route mit allen Beiträgen unter „show journey“ sehen:



Ein Kommentar bei „Karibikurlaub“

  1. Ach, ist das schön zu lesen und anzugucken. 🙂 ..

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