Hurrikansaison in der Karibik

Die Hurrikan- und Regensaison in der Karibik neigt sich dem Ende. Wir haben diese Zeit sicher und Hurrikanfrei im wunderschönen Grenada genossen, die Zwangspause auf dieser Insel war wirklich toll. Wir hatten lange keinen Grund woanders hin zu fahren, aber nach fünf Monaten ist es nun auch genug und es ist an der Zeit wieder zu segeln, den Alltag wieder gegen das Vagabundenleben zu tauschen und die vielen anderen karibischen Inseln zu entdecken. Ab Dezember beginnt die Hauptsaison in der Karibik und wir wollen uns langsam nach Norden wagen. Langsam, weil im Oktober und November immernoch Hurrrikane entstehen und wir jederzeit schnell genug nach Süden abhauen können wollen. Was passiert in so einer Hurrikansaison nun eigentlich? Nun, Wirbelstürme und Hurrikans in der Karibik, sind keine seltenen Phänomene sondern eher die normale saisonale Wetterlage in den Monaten Mai bis November mit dem Peak zwischen August und September. Man hört davon auch in Deutschland immer wieder, besonders wenn größere Hurrikans ganze Landschaften, Inseln und deren Infrastruktur zerstören. Aber niemals habe ich mich so genau mit Wirbelstürmen befasst, bis ich halt mal eine Hurrikansaison in der Karibik verbracht habe. Schon vor Beginn war klar, als Segler bleibt man nicht dort, wo die Wahrscheinlichkeit eines Hurrikans sehr hoch ist. Daher verpieseln sich die Segler in den hohen Norden (Amerika, Kanada) oder so südlich wie möglich. Viele Bootversicherungen schreiben 10° Nord als Minimum vor, das ist noch südlicher als Trinidad und Tabago. Wir haben keine solche Versicherung, die uns bei Beschädigungen das Boot bezahlt, einfach weil diese jegliches Budget sprengen.

Die Postkartenidylle gibt es auch. In echt.

Trotzdem ist man ja Sicherheitsbewusst und vermeidet jede Möglichkeit mit einem Sturm oder gar Hurrikan. So wollten wir eigentlich auf die ABC Inseln (Aruba, Bonair, Curacao) oder nach Trinidad und Tabago, diese beiden Ziele liegen offiziell außerhalb des Hurrikan-Gürtels, also der Region in der jedes Jahr Wirbelstürme durchziehen. Allerdings hatten wir uns entschieden noch eine Karibik-Wintersaison dranzuhängen, weil wir noch nicht viel von den karibischen Inseln gesehen haben und wieder zurück gegen Wind und Welle ist hart. Muss nicht sein. Grenada ist die südlichste Insel der kleinen Antillen, die nur sehr selten von Hurrikans heimgesucht wurde und es ist nur eine zweitagesreise von Tobago entfernt. Und so entschieden wir uns dort zu bleiben und bei einem drohenden Hurrikan nach Trinidad und Tabago abzuhauen. Die Vorhersagen heutzutage sind sensationell. Man kann ungefähr eine Woche vorher sehen, wohin sich so ein Hurrikan entwickelt. Und so bleibt einem genug Zeit zum verschwinden. Dafür muss man natürlich Aufmerksam die wettergeschehnisse verfolgen. Das geht in Apps wie Windy, die inzwischen auch gute Wibelsturmvorhersagen haben, aber insbesondere das „NOAA“/„national Hurrican Center“ bietet eine ausführliche Informationsplatform für alle Hurrikane im Atlantik und Pazifik.

Die NOAA 7-Tage Vorhersage von den ersten Stürmen im Juni

Jedes Jahr gibt es grobe Vorankündigungen wie sich eine Saison abspielen wird. Dieses Jahr sollte ein „El Ninjo“ Jahr werden. Ein Phänomen was sich aller paar Jahre durch Meereströmungsanomalien im Pazifik abzeichnet und die Wetterbedingungen auf der ganzen Welt beeinflusst. Auch das allein ist schon Wahnsinn. Dann beschäftigt man sich erstmal damit, wie und wo so ein Hurrikan überhaupt entsteht. Vor der Afrikanischen Westküste bilden sich Tiefdruckgebiete, die über den Atlantik ziehen. Wenn der Atlantik eine Wassertemperatur von mindestens 26,5° Celsius erreicht hat, dann verdunstet ganz viel feuchte Luft, was so ein Tiefdruckgebiet mit Energie füttert. Wind entsteht ja durch den Austausch von Luftmassen um den Luftdruck auszugleichen. Je höher der Luftdruckunterschied zwischen einem Hoch und einem Tief ist, desto schneller muss sich die Luft bewegen um das auszugleichen. Das ist jetzt die ganz grobe, idiotensichere und unvollständige Erklärung.

Jedenfalls ziehen die Tiefdruckgebiete über den Atlantik und werden auf dem Weg vom warmen Wasser gefüttert. Aufgrund dieser Daten kann man die Entstehung und die Stärke eines Hurrikans schon frühzeitig auf der NOAA-Website verfolgt werden. Die Zugbahn des Hurrikans vorherzusehen ist dann noch die Herausforderung. 

Die Zugbahn des letztens Hurrikans

Die Hurrikansaison im Atlantik geht Mai bis November. Deshalb sind wir ab Juni auf Grenada und es passiert erstmal nix. Erst im August können wir zunehmend Aktivitäten verfolgen. Der Atlantik hat inzwischen auch kuschelige 30° Celsius. Und im September jagt ein Hurrikan nach dem anderen über den Atlantik, einer davon sogar kurzzeitig in die höchste Kategorie 5 eingestuft. Aber sie biegen alle ganz brav vor dem Treffen auf die karibischen Inseln, nach Norden ab.

Hurrikan Lee im September, mit Stärke 5

In Grenada selbst spüren wir immer nur die Auswirkungen. Wenn einer oder gleich mehrere Hurrikane hinterhereinander im Norden vorbei ziehen saugen sie die ganze Luft weg. Wenig Wind, stickige Luft und Hitzewellen (mehrere Tage über 32°) sind die Folge. Nicht angenehm, aber besser als ein Hurrikan. Unser Boot Schaukelt derweil in einer 32,5° warmen Badewanne. Fühlt sich trotzdem noch erfrischend an. Das Wasser aus der Leitung wird inzwischen ebenfalls durch eine Entsalzungsanlage in unseren Tank gefüllt und hat daher dieselbe Temperatur, zum trinken wie zum Duschen.

Ein Wassermacher. Motor, Pumpe für viel Druck, unten eine Membran, viele Schläuche

Mit dem Wassermacher, der aus dem salzigen Meerwasser, in dem wir schwimmen, reines, wohlschmeckendes Süßwasser macht, sind wir jetzt noch ein bisschen mehr autark. Tolle Sache. Davon mal abgesehen, hatte das in Kanistern angeschleppte Trinkwasser auch über 30°, da der Tank sich ja auch in dieser Umgebungstemperatur aufhält. Aber man gewöhnt sich an alles.

Das erste Selbstgemachte Wasser, faszinierend

Zwischenzeitlich ist es schon ganz schön anstrengend das Wetter. Für eine Regensaison regnet es echt wenig. Im September haben wir wochenlang kein Tropfen, die Sonne Knallt jeden Tag von 6 bis 18Uhr und jeder der seltenen bewölkten Tage, wird ausgiebig genossen und gefeiert, nur der Kühlschrank muss dann früher ausgestellt werden, weil die Solarpanele nicht so viel Strom produzieren. 

Abends leuchtet es oft am Himmel, manchmal ziehen die Gewitter über die Insel, oft blitzt es nur von ganz weit weg, wenn die Gewitterwolken irgendwo über Südamerika hängen.

Video von nächtlichen Blitzen

Zum Leid unseres Schlafwohls lässt der Wind regelmäßig nachts sehr stark nach. Ein Ventilator in der Kajüte bringt seit kurzem Linderung. Schweißgebadetes aufwachen ist trotzdem oft der Fall. Wenn wir tagsüber nicht auf dem Boot sind und demzufolge alle Fenster geschlossen waren, schafft es das Thermometer auch mal auf 39°. Sonst kühlen wir uns meist über Nacht von 34° auf 29° runter. Glaubt mir, bei 27 würde ich ne Jacke anziehen. Wir haben am ersten angenehmen Oktobertag nen einheimischen in ner Flecejacke gesehen. Bei den Bedingungen im September stöhnten allerdings sogar die locals. Es ist also wohl kein „normales Jahr“, was auch mit dem „el Ninjo“ Phänomen zusammenhängt. Das sorgt auch dafür, dass selbst in den Regenwäldern mal Dürre herrscht und zu den Problemen und Stau im Panamakanal geführt hat dieses Jahr. Ich würde behaupten, es hat in der diesjährigen Regensaison weniger geregnet in Grenada als zeitgleich im deutschen Sommer.

Rekordtemperatur im Boot, 18Uhr

Aktuell, kurz nachdem wir aus Grenada aufgebrochen sind, sorgt der Hurrikan „Tammy“ für besonders lustige Spiele. Wir haben Südwind, manchmal sogar aus Westen. Das ist in der Passatwindzone, wo ein ganzjährig beständiger Wind aus Osten, mal Nordosten, mal Südosten, weht wirklich eine seltene Sache. Die meisten Ankerbuchten sind für die vorherrschenden Passatwinde perfekt, können aber bei südlichen oder gar westlichen Winden unangenehm werden. Auch dieser Hurrikan trifft nirgends auf Land, sondern biegt vor dem Antillengürtel nach Norden ab. Und saugt die Luft weg. Einige Tage dreht sich das Boot lustig um 360° und sorgt oft für eine spiegelglatte See. Perfekt für Nici um entspannt mit dem SUP rumzufahren, aber wieder schlecht für das Wohlbefinden an Bord. Immerhin gibts dieser Tage mal wieder ordentlich Regen. Eine willkommene kleine Abkühlung und kostenlose Süßwasserdusche.

Auch im Paradies regnets öfter mal

Wir sind also gespannt wie sich die Winter-/Trockensaison mit einem versprochenen angenehmen stetigen Passatwind so aushalten lässt. Und hoffen das und auch jetzt nicht noch ein später Hurrikan in die Quere kommt, bei unserem Kurs Richtung Norden. 

Ich werde berichten.

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