Patagonien – Blau macht glücklich

Ich war ein paar Tage Offline: wandern, Ruhe, Natur, Bewegung und kein Internet. Eins sei gesagt: wer Ruhe und Menschenleere sucht, sollte nicht den W-Trek im Torres del Paine Nationalpark machen. Überall gehyped, ist der Park und dieser Weg, auf dem man in 4 Tagen von Camp zu Camp wandern kann so touristisch das es fast langweilig ist. Jeden Menschen den du ab Flugzeugstart Richtung Süden (Punta Arenas) triffst, macht dasselbe. Die Frage „wohin gehst du?“ stellt bald keiner mehr. Es wird nur noch gefragt in welche Richtung du den Trek gemacht hast. Ich bin also am Ende froh, dass ich 2 Monate vorher nicht mehr alle Unterkünfte buchen und den Torres del Paine daher nicht in der W-Form gegangen bin wie alle.

Spät losgehen, in die andere Richtung und die Wege einfach Hin-und Zurück laufen hat den enormen Vorteil, doch stundenlang allein unterwegs zu sein und die Natur zu genießen. Denn der Nationalpark ist natürlich nicht umsonst so berühmt. Die Natur zwischen den steilen Berggipfeln, der weiten Steppenlandschaft und den krass-blauen Gletscherseen ist wirklich schön. Am ersten Tag habe ich strahlend blauen Himmel, nach 5 Minuten eine verbrannte Nase, und noch keine Vorstellung davon was „windig“ bedeutet.

Nachdem mir auf meinem Weg in die Mitte des Parks anfangs viele Leute entgegenkommen, bin ich die letzten 5 h komplett allein und am meisten davon fasziniert, dass ich vergessen hatte was STILLE bedeutet, nachdem ich feststellen musste dass das Rauschen in der Ferne kein Messeschnellweg oder sonst ein menschliches Geräusch ist, sondern nur der Wind der über den schneebedeckten Berghang weht.

Am nächsten Tag lerne ich die nächste Stufe von starkem Wind kennen, ohne Kapuze und Sonnenbrille geht nix. Aber mein Highlight sind die blauen Seen, die alle unterschiedliche Töne haben, von Knall-Türkis über dieses Ice-Bonbon-Hellblau (ganz sicher haben die die Farbe hier geklaut!) bis dunkelblau: so etwas habe ich noch nie im meinem Leben gesehen.

Während ich von einem Mirador glücklich auf eine Seenlandschaft starre, donnert es hinter mir, ich drehe mich um und sehe wie von dem Gletscher „Frances“ eine Lawine losbricht und in einer schneestaubwolke in die Tiefe stürzt, wo sie im Flussbett verschwindet, das passiert noch ein paar mal und ich kann mich gar nicht entscheiden in welche Richtung ich gucken soll. Ein Moment der einen so klein auf dieser Welt wirken lässt…

Am nächsten Tag lerne ich einen neuen Blau-Ton kennen: Gletscher-Eis im Grey-See. Der See ist tatsächlich grau, um so auffälliger die Eisberge die vom Grey-Gletscher abgebrochen, auf dem See schwimmen und mir wird erst beim ersten Kontakt mit so einem schwimmenden Eisberg bewusst, dass ich keine Vorstellung davon hatte, wie groß und wie atemberaubend schön ein Stück Eis sein kann. Das blau der abbruchkante ist so intensiv dass mich der Anblick die ganzen 27 km der Wanderung dümmlich grinsen lässt.

Wobei nach 13 Stunden unterwegs sein, der Blick auf den Türkis-blauen Pehoe See, an dem mein Camp liegt, fast noch befreiender ist, da er Vorfreude auf die Dosen-Linsen-Suppe macht, die ich die letzten 4 km bereits sehnsüchtig erwarte. Das billigste Dosen-essen, zubereitet auf einem Gaskocher, ist nach einem Tag, an dem man zu 70% gegen 80 km/h Wind angekämpft hat, wie ein Sternemenü.

Wind ist etwas, dass ich nach 6 Tagen am Ende der Welt, so satt habe. Und wer einmal erlebt hat, sich hinhocken zu müssen um nicht umgepustet zu werden, wird wahrscheinlich nie wieder etwas windig finden…. oder aber immer an Punta Arenas, Puerto Natales und den Torres del Paine Nationalpark denken.

Ach ja, und blau (ohnehin meine Lieblingsfarbe) macht tatsächlich einfach glücklich: denn jetzt sitze gerade, wieder dümmlich grinsend, im Flugzeug (auf in den warmen Norden) und überquere die Seenlandschaft Patagoniens, die auch von hier oben wunderschön ist und die Reise ans Ende der Welt wert war!

#Highlight Gletscher-blau. Und: Es ist von 4:30-22:30 hell, man hat also einen unglaublichen langen Tag und kein Zeitdruck beim wandern

#lifehack Ein ultimativer Tipp wenn alles ausgebucht war: 2 Tage vorher erneut checken, da rieselt es Stornos und einiges wird frei!

#Links In Puerto Natales (Ausgangsort) habe ich in einem sehr gemütlichen Hostel genächtigt, mit dem besten Frühstück der gesamten Reise – unglaublich lecker und liebevoll angerichtet: Vinnhaus.net

Die Unterkünfte im Nationalpark kann (und muss) man hier buchen: unverschämt teuer für nichts, aber man hat keine andere Wahl im Park:

fantasticosur.com

conaf.cl/parques/parque-nacional-torres-del-paine

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